TIROLER Natur- u. Nationalsänger- / Sänger-, Jodler- u. Schuhplattler- Gesellschaften

Die Geschichte der Tiroler Natur- und Nationalsänger beginnt am Anfang des 19. Jahrhunderts. Natürlich gab es zu dieser Zeit noch keine Tonaufzeichnungen, deshalb beschränke ich mich hier auf eine schlichte Einleitung - ein bißchen was zur Historie möchte ich aber doch anmerken. Meine Informationen stammen großteils aus den Werken von Martin Reiter („Die Zillertaler Nationalsänger im 19. Jahrhundert") und Sandra Hupfauf. Auch die Schriften von Prof. Hugo Klein ("Die Zillertaler Sängerfamilie Rainer und die Schützenfamilie Ritzel" - sowie die "Alt-Innsbrucker Geschichten") sind sehr aufschlußreich! Prof. Klein scheint gar Einblick in das (heute) verschollene Tagebuch des Ludwig Rainer gehabt zu haben!? Natürlich sind das nur beispielhafte Hinweise - aber ich denke, wer sich näher mit dem Thema auseinandersetzen will, kann mit den vorgenannten Namen und Buchtiteln schon etwas anfangen. Abschließend sei noch Dr. Stefan Hackl erwähnt, der sich auf seiner fantastischen Webseite http://www.gitarre-archiv.at/ - intensiv mit der Rolle der Gitarre als Instrument der Nationalsänger auseinandersetzt.

Die „Ur-Rainer“ aus dem Zillertal (Bild unten v. M. Reiter) unter der Leitung von Anton Rainer, dürften die Ersten gewesen sein, die sich um 1824 auf die große Sänger-Reise nach Deutschland und England begaben. 1975 formierten sich tatsächlich noch ein paar Zillertaler als „Zillertaler Nationalsänger“ und nahmen einige Titel nach den Original-Noten der „Ur-Rainer“ auf. So kann ich doch ein oder zwei Stücke präsentieren, mit dem die Nationalsänger vor 200 Jahren die Könige und Kaiser Europas - und auch das russische Zarenhaus verzauberten. (einfach auf’s Bild rechts klicken)!

Ganz bin ich noch nicht fertig – mit meiner „tonlosen“ Geschichte, deshalb habe ich mir ein paar Einzelpersonen  „herausgepickt“, die – meiner Meinung  nach – wesentliche Rollen bei der ursprünglichen Entwicklung der Bewegung im 19. Jhdt. inne hatten.

Allen voran LUDWIG RAINER (1821 bis 1893) – ein Spross der Ur-Rainer! Auf seinem Grabstein stehen die selbstverfassten Worte „AUSGELITTEN, AUSGERUNGEN, VIEL GEREIST UND VIEL GESUNGEN“!  - und damit hat er nicht übertrieben! Bereits 1839 bereiste er mit seiner Sängertruppe Amerika und verblieb dort 5 Jahre. Auch in Rußland verbrachte er mehrere Jahre – dabei begleitete ihn (u. a.) seine Schwägerin THRES PRANTL – die bald zum Star der Gruppe wurde. Ihr schenkte Zar Alexander II. gar einen goldenen Zitherring mit Diamantenbesatz! Es gibt wunderbare Geschichten über sie – hier noch einmal der Hinweis zu o. g. Lektüre!

Bild links Ludwig Rainer - daneben mit Gitarre - Thres Prantl, sitzend links Isabella Prantl und Julia Gschwenter(?)

 

 

Die Brüder PETER (? bis 1870)  und SEBASTIAN (1817 bis 1885) MEISTER aus Stams im Oberinntal. Kinder eines Müllermeisters aus Stams - wobei Peter wohl einer der Ältesten - und Sebastian (Bastl) einer der Jüngsten (das 12. Kind) war. Vermutlich ein Familienunternehmen (um 1840 betrieben die Geschwister ein Wirtshaus in Scharnitz). Zwei weitere Namen von Geschwistern (Mitgl. d. Gruppe) konnte ich noch finden – Gottlieb Meister (verstarb 1849 auf dem Weg zu einer Sängerreise nach Konstantinopel) und Judith Meister.

 

Zumindest im zentraleuropäischen Raum waren die Meister’s sehr bekannt  - Peter Meister (Bild links 1861) war auch in den 1840ern (mit der Sängergesellschaft Hollaus aus dem Zillertal) in Amerika! Im Anschluß daran fand eine große Rußland-Tournee statt! Sebastian Meister (der später eine eigene Sängergesellschaft unter seinem Namen betrieb) pachtete mehrere Gastwirtschaften in und um Innsbruck, darunter das „Bad Egerdach" bei Amras, den „Lodronischen Hof" in Pradl und das Gasthaus „Gruber“ am Innrain. Außerdem war er ein Mitbegründer des Pradler Bauerntheaters. Er verstarb als letzter der „Meister-Sänger“ in Innsbruck 1885 - Peter Meister verstarb 1870 in seiner Heimatgemeinde Stams. Bereits 1861 beschrieb ihn eine Zeitungsannonce als „Senior der Nationalsänger“ (- da war Ludwig Rainer gerade 40 Jahre alt)!  Es gab also im Tiroler Oberland ebenfalls – „frühe musikalische Bewegung“ - zumindest zeitgleich mit den Sängern aus dem Zillertal!?

 

JAKOB SCHÖPFER (1835 bis 1894) aus Telfs im Oberinntal mit seiner Sängergesellschaft. Seine großen Erfolge feierte Schöpfer als „Nationalsängergesellschaft aus dem Pusterthale“ – er kam ursprünglich aus Uttenheim im Pustertal und übersiedelte erst 1886 nach Telfs um dort den Gasthof „Zur Brücke“ zu übernehmen. Auch die Schöpfer bereisten die ganze Welt von Rußland bis Amerika (1869-1871)!

 

Nach seinem Tod gründete sein Sohn Heinrich Kehl (er nannte sich auch Schöpfer) eine eigene Sängergesellschaft!  Er brachte es 1905 gar bis nach Afrika (auf der Reise verunglückte das Schiff und Heinrich Schöpfer wurde – fälschlicherweise - für tot erklärt). Er starb 1937 – 76-jährig in Telfs. Ich habe den Jakob Schöpfer (unter den vielen, vielen anderen die es noch gab) ausgewählt, wegen seiner freundschaftlichen Verbindung zu CARL FITTIG. Fittig hat einige der schönsten Tirolerlieder komponiert (obwohl er selbst kein Tiroler war!) – eine Biografie zu ihm findet ihr auf meiner Webseite . (Bild rechts - Heinrich (Kehl) Schöpfer

Einen interessanten Geschichte präsentiere ich noch am Ende meiner (lückenhaften und laienhaften) Vorgeschichte zu den Tiroler Sängern im 19. Jahrhundert. Es geht dabei um die Sängerfamilie Jakob Maikl aus Hippach im Zillertal. Ein Sproß der Familie – GEORG MAIKL schaffte den Sprung vom Tiroler Volkssänger an die Wiener Hofoper als K. u. K. Hofopernsänger - ich denke, eine nette Story zum  Abschluß!

Hier noch einmal mein Appell, die Geschichte der Tiroler Natur-/Nationalsänger und Sängergesellschaften ist hochinteressant, bedient Euch im Internet oder kauft Euch eines der o. g. Bücher – es lohnt sich! Jetzt aber zu meinem speziellen Fachgebiet – Tonaufzeichnungen. Ich habe die Seite ab hier so angelegt, daß Ihr den grün-unterlegten Text anklicken könnt - und damit zum entsprechenden Archiveintrag und den Tonaufzeichnungen (Label anklicken) kommt. Um zurück zu kommen müßt Ihr den Windows-retour -Pfeil (oben links drücken), ansonsten landet Ihr in der „Sammlung-Übersicht“ (hab’s - irgendwie anders nicht hinbekommen!). Meine ältesten Platten aus dem Jahr 1901 sind - zum Einen von Hermine Mayerhofer aus Telfes im Stubaital - eine Solo-Aufnahme, aber auch sie führte eine "National-Sänger und Schuhplattlertänzer-Gesellschaft" an - und zum Zweiten (auch 1901) Aufnahmen der Egger-Rieser Truppe aus Innsbruck. Auch die Höpperger aus Thaur bei Innsbruck dürften recht früh Platten aufgenommen haben - mein Musikbeispiel kommt allerdings von 1932. Franz Ringler und seine Tiroler Nationalsänger aus Osttirol (Sillian im Pustertal) nahmen ebenfalls recht früh Platten auf (daher meine Annahme, daß es auch von den Höpperger'n frühe Tonaufzeichnungen gibt - die beiden Sängergruppen traten häufig gemeinsam auf!). Es gibt auch genügend Platten, die keinen konkreten Hinweis auf den jeweiligen Interpreten geben, sondern nur mit (z.B.) "Tyroler Sänger" gekennzeichnet sind. Dahinter stecken könnten hier ohne Weiteres die Höpperger oder eine der vielen Gruppen aus dem Oberinntal (die Förg oder Ploner aus Silz, die Freiberger oder Wilhelm aus Telfs und Ehrwald, die Nairz oder Walder oder Scheiring aus Zirl, usw.)! Oder eine der Innsbrucker Gesellschaften (Bogner, Klett, usw.) - aber auch Franz Rainer aus dem Zillertal käme in Frage. Stellvertretend für diese Gruppen, habe ich die "Förg" aus Silz in einem eigenen Eintrag angelegt! Weiter geht's mit einer ganz interessanten Gruppe aus Scharnitz - die Tiroler Sängergruppe rund um Michl Ellmann! Sowohl Hermine Mayrhofer als auch eine weitere große Tiroler Jodlerin - HIRLANDA ELLMANN (Ehefrau von Michl Ellmann - hat auch Solo-Platten aufgenommen - eigener Archiveintrag!) gehörten dieser Gruppe an. Von Eugen Jahoda und seiner Tiroler Jodler- u. Sängergruppe "D' Glückskinder" - sowie von Benedikt Pontiller's "D' Defregger" gibt es schönes Platten- und Bildmaterial, aber kaum Informationen - und über die "Stubaier Jodler-Gesellschaft", weiß ich praktisch gar nichts! Mit Beginn des 1. Weltkrieges endet auch die erste große Aera der Tiroler Sänger - und deshalb gibt es auch ab dieser Zeit keine (kaum) Tondokumente. Erst ~15 Jahre später (Ende der 20iger - Anfang der 30iger Jahre) formierten sich wieder Tiroler Nationalsänger-Gruppen - vornehmlich in Innsbruck - und da wieder - vornehmlich in und um den Gasthof "Breinössl" in der Maria-Theresien-Straße. Allen voran - Franz Mayr und seine Tiroler Nationalsänger-Gesellschaft! Zeitgleich - oder unmittelbar nach ihm (oder mit ihm?), führte Robert Berchtold (Gitarren-Meister aus Innsbruck) eine Gesellschaft an.

Während des Krieges wurden die Mitglieder der Tiroler Sänger-Gesellschaften (Volksbühnen) zur Frontbetreuung durch ganz Europa - bis nach Rußland geschickt! Nach Kriegsende gings fast übergangslos weiter (Helene Blaas-Höpperger schreibt in ihrem Buch, daß sie 1939 von Robert Berchtold engagiert wurde - der war da schon mit Kurt Blaas vereint!) - und neben dem "Breinössl" fanden auch in anderen Innsbrucker Gaststätten (Hotels) Tiroler-Abende statt (vorerst vermutlich für die Alliierten - später für Touristen und Einheimische). Ich habe die "Nachkriegs Tiroler Sänger-, Jodler- und Schupllattler-Gesellschaften" in einem Archiveintrag zusammengefasst (soviele 78er-Platten von denen gibt's auch nicht) - unter "Blaas, Schlegel, Klingenschmied"! Die letzten Tiroler Nationalsänger waren die "Kitzbühler Nationalsänger", die 1983 ihre Gesellschaft auflösten. Der Ordnung halber (es gibt keine 78er-Platten von ihnen) sei noch die Familie Gundolf erwähnt, die bis heute Tiroler-Abende in Innsbruck veranstaltet.